Modell und Risikofaktoren
Modul "Portfolio-Service Erweiterte Portfolio-Analyse"
Im Infront Portfolio Manager können die folgenden Instrumente im Rahmen der Einzel- bzw. Distributionsanalyse im Detail betrachtet werden:
- Aktien
- Fonds
- Konten
- Anleihen (Zerobonds, Kuponbonds, Floater), für deren Währung Zinsstrukturen zur Verfügung stehen
- Optionsscheine (Optionen) auf Anleihen oder Aktien
Für andere Instrumente wie z. B. Zertifikate und andere derivative Produkte kann keine Einzel- oder Distributionsanalyse erfolgen. Hier besteht jedoch die Möglichkeit, das gesamte Portfolio (Gruppe, Inhaber, Depot) als Fonds aufzufassen und somit einen VaR für das Portfolio zu bestimmen. Dabei werden auch Kredite, Festgelder und Devisentermingeschäfte (sofern Bewertungskurse eingegeben sind) berücksichtigt.
Risikomodelle kann man in zwei Klassen unterteilen: Simulationsmodelle und parametrische Modelle. Im Infront Portfolio Manager wird ein parametrisches Modell, das sogenannte Delta-Normal-Modell – auch als Varianz-Kovarianz-Methode bekannt – verwendet.
Der Preis eines Instruments V(t) wird als (lineare) Funktion der Werte (i. d. R. Preise) Si (t) der den Preis beeinflussenden Risikofaktoren (i=1...n) modelliert: V(t):=(Δ1 S1 (t),...,Δn Sn (t)). Dabei ist Δi=∂V/(∂Si ), also die Preisänderung des Instruments, die durch die Änderung des Preises des i-ten Risikofaktors hervorgerufen wird.
Die logarithmierten Renditen der Risikofaktoren werden als normalverteilt angenommen.
Für o. g. Instrumente werden in der Implementierung die folgenden Marktparameter (Risikofaktoren) im Modell berücksichtigt:
Wertpapiertyp | Martkparameter |
---|---|
Aktien | Aktienkurs, Δ=1 |
Fonds | Fondspreis, Δ=1 |
Konten | - |
Anleihen | Diskontfaktoren der (risikolosen) Zinsstrukturkurve (siehe Exkurs), Δ=1 |
Optionen | Risikofaktoren des zugrunde liegenden Instruments. Im Modell gewichtet mit dem Options-Delta ( Δ ) im Black-Scholes-Modell |
Unterscheiden sich Auswertungswährung und die Währung, in der das Instrument notiert, ist zusätzlich ein Risiko, das aus einer möglichen (negativen) Veränderung des Wechselkurses D(t) resultiert, zu berücksichtigen. Somit stellt der Wechselkurs ebenfalls einen Risikofaktor dar.
Auf Grund gewisser modellbedingter Gründe, werden Wechselkurse jedoch nicht als weitere Risikofaktoren behandelt, sondern durch auf eine spezielle Methode (Volatilitätstransformation, vgl. Deutsch, 31.3) berücksichtigt.
Exkurs: Bewertung von Zinsinstrumenten
Zinsinstrumente wie Kuponbonds, Zerobonds und Floater können mit der Barwertmethode bewertet werden: Sind während der Restlaufzeit der Anleihe zwischen dem Bewertungszeitpunkt t und der Endfälligkeit T Zinszahlungen Z(tj) zu Zeitpunkten T≥tj≥t fällig, so ist die Anleihe zum Zeitpunkt t gerade die Summe der mit den Diskontfaktoren B(t,tj) abgezinsten Zinszahlungen Z(tj) wert:
Bei Kuponbonds und Zerobonds sind die zu erwartenden zukünftigen Zinszahlungen bekannt. Für Floater, bei denen der Zinssatz für die Zukunft variabel ist, kann eine Zinszahlung für die Bewertung aus Arbitrage-Überlegungen gewonnen werden.
Die Diskontfaktoren ergeben sich aus der aktuellen Zinssituation (und der Bonität) des Anleiheemittenten.
Für Anleihen wird die im Exkurs dargestellte Cashflow-Zerlegung zur Ermittlung der zugehörigen Diskontfaktoren als Risikofaktoren durchgeführt.
Exkurs: Zinsstrukturkurven im Infront Portfolio Manager
Zinsstrukturkurven ergeben sich aus der Ausgestaltung (Zinssatz, Zinstagemethode, Zinstermine, Laufzeit usw.), Preisen und anderen Marktdaten von am Markt gehandelter Anleihen. Markdaten sind z. B. YTM (Yield-to-Maturity), Swap-Rates, Par-Rates, Geldmarktsätze usw. Unter der Annahme von Arbitragefreiheit lässt sich (bei gleicher Bonität) aus diesen verschiedenen Marktdaten genau ein Diskontfaktor B(t,T) für die Abzinsung einer zum Zeitpunkt T fälligen Zahlung auf den Zeitpunkt t bestimmen. Um die Diskontfaktoren (bzw. die zugrunde liegende Spot-Rate Kurve) zu erhalten, wird ein sogenanntes Bootstrapping durchgeführt.
Im Infront Portfolio Manager wird die Zinsstruktur aus der in der Renditekurven-Konfiguration hinterlegten Tullett Swap-Kurve durch Bootstrapping gewonnen. Dabei werden für Restlaufzeiten bis zu einem Jahr Geldmarktsätze, für längere Restlaufzeiten Benchmark-Swap-Rates als Input verwendet.
Die so erhaltene (Basis-)Zinsstruktur gilt für quasi risikolose Anleihen (wie z.B. Bundesanleihen). Für einzelne Anleihen, deren Emittentenausfallrisiko i. d. R. höher ist, wird aus ihren Marktpreisen ein für alle Stützstellen konstanter Spread auf die Basiszinsstruktur errechnet und damit ergibt sich die bonitätsabhängige Zinsstruktur als Basiszinsstruktur + Spread.
Da für die Zinsstrukturkurven nur Zeitreihen an bestimmten Stützstellen (zu denen die Swap- bzw. Geldmarktdaten vorliegen) zur Verfügung stehen, muss noch ein risikobasiertes Cashflow-Mapping durchgeführt werden.
Exkurs: Risikobasiertes Cashflow-Mapping
Dabei werden die tatsächlichen Zinszahlungen zu beliebigen Zeitpunkten ∞>tj≥0 in Zinszahlungen zu den Stützstellen-Zeitpunkten tk,k=1...l transformiert. Wichtig ist hier der Begriff risikobasiert, der bedeutet, dass sowohl der Barwert als auch das Risiko invariant bezüglich dieser Transformation sind (vgl. Deutsch, 24.2.2),
Der Value at Risk für einen Risikofaktor für
- einen Prognosezeitraum von δt Perioden
- mit vorgegebener Wahrscheinlichkeit w
ergibt sich nun als
VaR:=|ΔN-1 (w)σ√δt|
Der Value at Risk für einen Risikofaktor für
σ bezeichnet hier die Standardabweichung der logarithmierten Periodenrenditen, N-1 (w) die inverse kumulierte Normalverteilung.
Für ein Portfolio mit mehreren Risikofaktoren (auf Grund verschiedener Instrumente oder durch die Diskontfaktormodellierung der Anleihen) wird angenommen, dass diese untereinander abhängig sind. Modelliert wird die Abhängigkeit in Form der Korrelation.
Im Fall von m Risikofaktoren ergibt sich der Value at Risk schließlich als
σk bezeichnet die Standardabweichung des k-ten Risikofaktors, ρkj die Korrelation zwischen den Risikofaktoren k und I.
wobei si den Bestand an Instrument i (n Instrumente, i=1...n) bezeichnet und Δik für das Delta des Instruments i bezüglich des Risikofaktors k steht. Hat der Risikofaktor k auf den Preis des Instruments i keinen Einfluss, so ist Δik:=0.